Was ist Innovation - Frau am Schreibtisch denkt nach - Dr. Kraus & Partner Blog

Das Innovationen der Schlüssel zum langfristigen Erfolg von Unternehmen sind hört man oft. Doch was ist Innovation eigentlich und wann ist ein Manager auch zugleich ein Innovator und Entrepreneur“? Und was können Unternehmen tun, um ihre Innovationskraft zu erhöhen?

Glaubt man den Hochglanzbroschüren der Unternehmen, dann sind sie fast alle innovativ. Dasselbe gilt für die Forderung, bereit zu sein, neue Wege zu gehen. Sie gehört zum festen Rede-Repertoire aller Unternehmensführer. Und blickt man in die Stellenanzeigen der Unternehmen? Dann stellt man fest: „Kreativ und flexibel sein“, so lautet eine Standard-Anforderung an ihre Mitarbeitenden.

Doch sind die Unternehmen so innovativ, wie sie sich gern präsentieren? Manche Klein- und Mittelunternehmen ja. Bei Großunternehmen stellt man aber oft fest: Die sogenannte Innovation beschränkt sich weitgehend auf ein Optimieren des Bestehenden. Doch ist das überhaupt innovativ?

Was bedeutet Innovation?

Kreativität versus Innovation

Kreativität bezeichnet die geistige Fähigkeit, neue Ideen und Designs zu entwerfen. Innovation hingegen einen Schaffensprozess, bei dem aus neuen Ideen brauchbare Lösungen entwickelt werden. Kreativität kann zielorientiert sein, Innovation hingegen ist es stets.

Das heißt: Innovation zielt darauf ab, definierte Ziele zu erreichen, und hieran wird auch die Qualität der Ideen und Problemlösungen gemessen.

Verbesserung versus Quantensprung

In der betrieblichen Alltagssprache wird oft jede Verbesserung im Rahmen des Bestehenden als Innovation bezeichnet. Bei „echten“ Innovationen werden Aufgaben oder Probleme jedoch ganz anders als bisher gelöst. Es wird ein sogenannter Musterwechsel vollzogen, der statt einer partiellen Verbesserung wieder einen Quantensprung ermöglicht.

Ein solcher Musterwechsel war beispielsweise beim Skispringen der Wechsel vom Parallelstil zum V-Stil ab 1986. Er ermöglichte es den Skispringern, viel größere Weiten zu erzielen. Im wirtschaftlichen Kontext stellte zum Beispiel der Vertrieb von Büchern oder Schuhen via Internet einen Musterwechsel dar.

Trend versus Paradigmenwechsel

Die Basis für „echte Innovationen“ sind keine vorübergehenden Moden und Trends. Ihre Basis sind meist Technologie-Schübe, die so fundamental sind, dass sich die Paradigmen des wirtschaftlichen (und gesellschaftlichen) Lebens radikal ändern.

Ein solcher Paradigmenwechsel war der Siegeszug der Informationstechnologie. Er ermöglichte wiederum Folge-Technologien wie den PC, den Mobilfunk, das Internet sowie Social-Media, das heute das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben revolutionieren beziehungsweise bereits revolutioniert hat.

Was hindert Innovation?

Ganz klar: Angst! Dabei gilt es zwischen

  • psychologischen, mentalen Barrieren
  • organisationalen Hindernissen/Barrieren sowie
  • kulturellen, gesellschaftlichen Barrieren

zu unterscheiden.

1. Psychologische, mentale Barrieren

Die Angst zu versagen
Wer Neues wagt und scheitert, wird in unserer Gesellschaft und in den Unternehmen schnell als „Phantast“, „Pleitier“ oder „Cash Burner“ gebrandmarkt. Das hält viele Personen und Organisationen davon ab, radikal Neues zu denken und neue Wege zu beschreiten.

Angst vor Kontroll- und Effizienzverlust
Innovationsprozesse lassen sich (von oben) nicht so leicht steuern wie etablierte Geschäftsprozesse. Sie sind stets mit Unwägbarkeiten verknüpft. Hinzu kommt: Bei jedem Innovationsprozess muss auch das „Tal der Tränen“ durchschritten werden. Zudem sinkt der Output zwischenzeitlich. Das veranlasst viele Personen und Organisationen, lieber das Bestehende zu optimieren, weil sie diese Prozesse beherrschen und unter Kontrolle haben.

Angst vor Macht- und Kompetenzverlust
Innovation bedeutet Neuland betreten. Das heißt: Denk- und Verhaltensmuster müssen hinterfragt und teilweise über Bord geworfen werden. Das bedeutet auch: Denk- und Verhaltensroutinen, die Sicherheit vermitteln, werden obsolet. Und das Erfahrungswissen, auf das die „alten Hasen“ (auch in der Unternehmensführung) stolz sind, verliert an Wert. Das macht vielen Mitarbeitern, aber auch Führungskräften Angst.

2. Organisationale Barrieren

Organisationale Hindernisse sind Materialisierungen der genannten psychologischen Barrieren. Sie dokumentieren sich in Unternehmen zum Beispiel in komplexen Freigabe- und Genehmigungsverfahren (Angst vor Kontrollverlust); des Weiteren in rigiden Plan- und Budgetvorgaben (Angst vor Vorsagen). Auch das Kompetenzgerangel, das oft in Zusammenhang mit Innovationsprozessen entsteht, ist Ausdruck einer psychologischen Barriere, nämlich der Angst vor Macht-/Einflussverlust.

Aus Angst versuchen Unternehmen Innovation oft in ähnlich starr definierte Prozesse zu gießen wie das Tagesgeschäft. Gewünscht wird „Innovation mit Kasko-Schutz“. Statt Experimente zu wagen, die die Gefahr des Scheiterns beinhalten, versuchen Unternehmen, Innovation mit Zahlen (Studien, Marktanalysen usw.) abzusichern. Das geht nur bedingt, denn Innovation bedeutet Neuland betreten. Und: Zahlen spiegeln nur die Vergangenheit wider.

3. Kulturelle, gesellschaftliche Barrieren

Eine Voraussetzung für Innovation ist eine Kultur/Denkstruktur, die Fehlversuche erlaubt. In der Organisation muss ein Geist herrschen, wie er sich in folgender Anekdote über Edison manifestiert, der fast 9000 Versuche unternahm, bis die Glühbirne marktreif war. Als ein Mitarbeiter nach dem 1000. Versuch zu Edison sagte „Wir sind gescheitert“, erwiderte er: „Ich bin nicht gescheitert. Ich kenne jetzt 1000 Wege, wie man keine Glühbirne baut.“

Mit schwerfälligen Innovationsprozessen mit definierten Abläufen, Schnittstellen und klaren Regeln lassen sich nur Verbesserungen erziehen. „Echte“ Innovationen erfordern andere Management-Konzepte.

Das zeichnet einen „Innovator“ und/oder „Entrepreneur“ aus

Ein Entrepreneur, also Innovator an der Unternehmensspitze zu sein, bedeutet mehr als ein Unternehmen zu managen und die Ressourcen effektiv zu nutzen. Es schließt auch solch kreative Elemente ein wie

  • das Identifizieren von (Markt-)Chancen,
  • das Finden neuer (Geschäfts-)Ideen und
  • deren Umsetzung in Form neuer Geschäftsmodelle.

Das setzt bei Entrepreneuren, die stets zugleich Innovatoren sind, folgende persönlichen Eigenschaften voraus:

Neugierig sein
Entrepreneure hinterfragen scheinbar selbstverständliche Dinge und wollen diese verstehen. Sie stellen Fragen, die andere nicht stellen – zum Beispiel: Warum muss ein Auto ein Lenkrad haben? Warum stapeln sich in meiner Schublade die Gebrauchsanleitungen und Fernbedienungen? Muss ein Unternehmen eine „Zentrale“ haben?

Innere Unruhe
Entrepreneure geben sich mit den bestehenden Lösungen nicht zufrieden. Sie beobachten zum Beispiel ein Phänomen wie, dass es in fast jedem Haushalt eine Bohrmaschine gibt, die maximal ein, zwei Mal pro Jahr genutzt wird. Dann fragen sie sich: Warum ist das so und kommen zum Ergebnis:

  • „Leute kaufen Bohrmaschinen, weil sie Löcher brauchen.“
  • „Sie brauchen Löcher, um etwas zu befestigen.“
  • „Löcher sind lästig. Wie könnte man Dinge anders befestigen?

Und danach begeben sie sich auf die Suche nach neuen Problemlösungen (… um letztlich zu ganz neuen „Produkten“ zu gelangen, die man verkaufen kann).

Imagination
Entrepreneure verfügen über die Fähigkeit, sich Dinge anders vorzustellen als sie gerade sind. Sie sehen beim Betreten einer leeren Wohnung nicht die kahlen, kalten Räume – also die Realität. Sie sehen vor ihrem geistigen Auge vielmehr, wie die eingerichtete Wohnung künftig aussehen könnte. Sie sehen also die Möglichkeiten, Potenziale und Chancen.

Ausdauer und Beharrlichkeit
Entrepreneure zeichnen sich durch eine gewisse „Starrköpfigkeit“ aus. Sie glauben auch noch an eine mögliche Lösung, wenn die ersten Versuche gescheitert sind und fast alle im Umfeld sagen „Das klappt nie“. Zugleich bewahren sie jedoch den erforderlichen Realitätsbezug, ohne den sie Phantasten wären.

Unternehmer- statt Manager-/Verwaltergeist
Entrepreneure sind „Macher“ und „Erfinder“ zugleich. Das heißt, sie verfügen wie Edison über einen gesunden Pragmatismus.

Ein typisches Beispiel für diesen Unternehmertypus ist Reinhold Würth, der aus der väterlichen Schraubenhandlung die weltweit agierende, auf Befestigungs- und Montagetechnik spezialisierte Unternehmensgruppe Würth entwickelte. Ein weiteres Beispiel ist Artur Fischer, der die Fischerwerke gründete, die pro Jahr 13,2 Patente pro 1000 Mitarbeiter (Industriedurchschnitt: 0,54) anmelden.

So stärken Sie die Innovationskraft Ihres Unternehmens

Innovation setzt neben einer bestimmten Unternehmenskultur eine zukunftsorientierte Managementkultur voraus. Das Top-Management muss es als seine Kernaufgabe begreifen, Innovationen in der Organisation voranzutreiben, um den langfristigen Erfolg zu sichern. Deshalb sollten Unternehmensführer das operative Geschäft, soweit möglich, an die nächste Ebene abgeben, damit sie mehr Zeit für diese Unternehmeraufgabe haben.

Mit folgenden Maßnahmen können Sie als Top-Manager die Innovationskraft Ihrer Organisation puschen.

Die Mitarbeiter mit der Marktrealität konfrontieren

Bringen Sie Ihre Mitarbeiter in Situationen, in denen sie erleben, was in den Märkten „abgeht“ – zum Beispiel

  • in den Schwellenländern
  • bei den Technologieführern
  • in verwandten Branchen sowie
  • bei Unternehmen, die die Marktentwicklung verschlafen haben.

„Querdenker“ einstellen und fördern

Belohnen Sie „Quer-“ und „Vordenker“ – selbst wenn ihre Ideen nicht umsetzbar sind. Ihre Mitarbeiter inklusive Führungskräfte müssen spüren: Das Suchen nach neuen Lösungen ist von unseren „Chefs“ erwünscht.

Den Mitarbeitenden erlauben, Regeln zu brechen

Regeln, Strukturen, definierte Prozesse sind kein Selbstzweck. Sie haben nur so lange einen Wert, wie sie dem Erreichen der Ziele dienen. Sie dürfen/müssen regelmäßig hinterfragt werden. Vermitteln Sie Ihren Mitarbeitenden dieses Denken.

Den Mitarbeitern ein Scheitern und Fehlversuche gestatten

Loben (und belohnen) Sie Mitarbeiter, die Neues wagen und kalkulierte Risiken eingehen – selbst wenn ihre Versuche nicht erfolgreich sind. Denn wenn Ihre Mitarbeitenden Angst haben „Wenn es nicht klappt, werde ich vom Chef sanktioniert“, beschreiten sie keine neuen Wege.

„Kreativ-Inseln“ in der Organisation schaffen

Richten Sie in Ihrer Organisation „Inseln“ ein, wo sich zum Beispiel Ihre Nachwuchskräfte oder Experten aus verschiedenen Bereichen als „Unternehmer“ betätigen können. Solche „Start-Ups“ oder „Creativ-Labs“ im eigenen Unternehmen generieren oft großartige Ideen und Business-Modelle.

Das Management zur „Innovation“ puschen

In vielen Unternehmen wird in Meetings nur die Agenda mit den dringlichen Dingen abgearbeitet. In ihnen besteht weder Raum noch Zeit für Zukunftsfragen. Sprechen Sie in Meetings gezielt auch Fragen an wie:

  • Welche neuen (technologischen) Entwicklungen gibt es, könnte es in naher Zukunft geben?
  • Was bedeuten diese für uns?
  • Wie könnten sie weiter gehen?
  • Welche Chancen/Gefährdungen ergeben sich hieraus für uns?

Nur wenn Sie Ihr Management zwingen, sich mit solchen Zukunftsfragen zu befassen und ihm signalisieren „Ich erwarte das von euch“, tun dies die „Macher“ in der Regel auch. Ansonsten ist die Gefahr groß, dass sie im Alltagsgeschäft versinken und sich mit ihren Teams rein auf das Optimieren des Bestehenden beschränken – auch weil dies kurzfristig meist mehr Rendite bringt. Das heißt: Der kurz- und eventuell mittelfristige Erfolg Ihres Unternehmens ist zwar gesichert, anders sieht es aber bezüglich des langfristigen Erfolgs im Markt aus. Denn dieser verändert sich in immer kürzeren Zyklen radikal.

➡️ Falls du konkrete Fragen zum Thema Innovation hast oder Unterstützung benötigst, kontaktiere uns gerne. 

➡️ Weitere Informationen zum Thema Innovation findest du auf unserer Themenseite „Innovationskraft als Schlüsselfaktor

Autor

  • Prof. Dr. Georg Kraus

    "Georg gestaltet seit mehr als 30 Jahren Change-Prozesse und ist als CEO der Puls von Kraus & Partner. Er ist ein Magnet für inspirierende Menschen und Projekte. Stillstand gibt es nicht in seinem Vokabular."